Spannend ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Einnahmen aus nachbarschaftlichen Hilfeleistungen der einkommensteuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzuordnen sind.
Zunächst einmal ist klar, dass auch Leistungen, die gegen ein Honorar an Freunde und Nachbarn erbracht werden, einkommensteuerpflichtig sein können. Die pauschale Behauptung, eine vermeintliche Schwarzarbeit sei doch nur als Freundschaftsdienst oder im Rahmen der Nachbarschaftshilfe erbracht worden, beeindruckt Zoll- und Steuerfahnder meist wenig. Das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger verlangen dann dennoch Steuern und Sozialabgaben. Doch es gibt durchaus Fälle, bei denen keine erwerbswirtschaftlichen Zwecke, sondern private Motive für das Verhalten des Steuerpflichtigen entscheidend sind. Dann bleiben die Einnahmen steuerfrei und in der Sozialversicherung auch beitragsfrei.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts. Ein Steuerpflichtiger hatte für die Pflege und Betreuung eines Nachbarn von diesem einen Betrag von immerhin 5.000 Euro erhalten. Die Richter aus Hannover kamen zu dem Ergebnis, dass das Entgelt der einkommensteuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzuordnen war. Es handele sich nicht um Einkünfte, die dem Einkünftekatalog des Einkommensteuergesetzes zugeordnet werden können. Die Zahlung sei weder als Einkünfte aus selbständiger Arbeit noch als Einkünfte aus sonstigen Leistungen zu erfassen.
Tipp: Es handelte sich damit im Ergebnis um eine Schenkung. Diese lag unterhalb des persönlichen Freibetrags bei der Schenkungsteuer von 20.000 Euro. Unter dem Strich fiel daher weder Einkommensteuer noch Schenkungsteuer an.
In der Urteilsbegründung heißt es: Das Einkommensteuergesetz belastet nur die dort explizit aufgezählten sieben Einkunftsarten. Dieser Einkünftekatalog typisiert den Ausgangstatbestand der Einkommensteuer wirklichkeitsnah und realitätsgerecht. Er nennt die die Einkommensteuer begründenden Erwerbsgrundlagen abschließend. Einnahmen außerhalb dieses Erwerbsgeschehens sind nicht steuerbar.
Tipp: Die Einkommensteuer ist keine Bereicherungssteuer. Nicht jeder Vermögenszuwachs begründet eine Einkommensteuerbarkeit. Vielmehr nimmt der Staat über die Einkommensteuer am Erfolg individuellen Erwerbsstrebens durch Nutzung einer den Zugang zum Markt verschaffenden Erwerbsgrundlage teil. Ist die Erwerbsgrundlage nicht auf Vermögensmehrung ausgelegt oder zielt die Nutzung dieser Erwerbsgrundlage nicht auf das Erwirtschaften eines Vermögenszuwachses, so dienen Vorkehrungen und Tätigkeit nicht der Einkünfteerzielung, sondern anderen Zwecken, in der Regel der Gestaltung des persönlichen Lebens. Die nicht auf Erwerb, nicht auf den Erfolg eines Einkommens angelegte Tätigkeit ist einkommensteuerrechtlich unerheblich.
Von dem Bereich der steuerbaren sonstigen Leistung sind die Fälle auszuscheiden, in denen tatsächlich keine erwerbswirtschaftlichen Zwecke des Steuerpflichtigen, sondern private Motive für das Verhalten des Steuerpflichtigen entscheidend sind.
An dem Willen zur Einkünfteerzielung sowie an dem hierauf gerichteten Leistungsaustausch fehlt es grundsätzlich, wenn sich die maßgeblichen Handlungen im Bereich einer privaten Lebensgemeinschaft vollziehen. So zum Beispiel, wenn Angehörige im Rahmen des familiären Zusammenlebens oder auf der Grundlage einer nichtehelichen Wirtschaftsgemeinschaft Pflegeleistungen erbringen. Solche Dienste sind der einkommensteuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzuordnen.
Hierzu zählen auch nachbarschaftliche Hilfsleistungen, die im Rahmen der Pflege und Betreuung einer älteren Person erbracht werden. Diese Hilfeleistungen gehören dann nicht dem Bereich steuerlicher Einkünfteerzielung an, wenn die Handlungen nach dem Gesamtbild der Umstände nicht mit Pflegeleistungen gleichzusetzen sind, die typischerweise um des Entgeltes Willen erbracht werden, eine Entgeltvereinbarung nicht vorliegt und die im Wege der Erbeinsetzung erfolgte Zuwendung den Wert der erbrachten Leistungen übersteigt.
Zwar können auch Pflege- und Betreuungsdienstleistungen Gegenstand entgeltlicher Verträge sein. Die Hilfeleistungen des Klägers im Streitfall waren jedoch nach Meinung des Finanzgerichts nach dem Gesamtbild der Umstände nicht mit Pflegetätigkeiten gleichzusetzen, die typischerweise im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erbracht werden beziehungsweise eine Gegenleistung auslösen.
Im Vordergrund stand – so die Finanzrichter – die jahrlange nachbarschaftliche Beziehung, mit anderen Worten die persönliche Verbundenheit, die den Kläger dazu veranlasste, seiner Nachbarin den von ihr ungeliebten Schriftverkehr abzunehmen und bei Eintritt des Betreuungsfalls ihr als Betreuer zur Seite zu stehen. Er regelte daraufhin den Schriftverkehr mit Behörden und Versicherungen.
Nach der glaubhaften Schilderung des Klägers handelte es sich bei der Entgegennahme der Vollmachten um rein vorsorgliche Maßnahmen. Konkrete Betreuungsleistungen sind in diesem Zusammenhang weder vereinbart worden noch sind diese tatsächlich angefallen. Die punktuelle Hilfe beim Schriftverkehr mit Behörden, regelmäßige Besuche, auch zum Kartenspielen und teilweise ohne konkreten Anlass sowie die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geschilderten Hilfeleistungen in Einzelfällen (gebrauchter Fernseher gekauft, Perücke besorgt) gehen nach der Überzeugung des Senats nicht über das hinaus, was üblicherweise im Rahmen einer guten nachbarschaftlichen Beziehung unentgeltlich erbracht wird.
Vergütung für eine einmalige Vermittlungsleistung für einen guten Freund kann steuerpflichtig sein
Viele Steuerbürger denken fälschlicherweise, dass Vergütungen für eine einmalige Vermittlungsleistung für einen guten Freund nicht zu versteuern sind. Das ist so pauschal jedoch nicht richtig.
Entscheidend kommt es darauf an, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist. Hinreichend ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang in der Weise, dass die Gegenleistung durch das Verhalten „ausgelöst” wird. Es ist nicht erforderlich, dass eine Leistung „um des Entgelts willen erbracht” wird.
Der Leistende muss nicht bereits beim Erbringen seiner Leistung eine Gegenleistung erwarten. Ausreichend ist vielmehr, dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlich und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu.
Senioren- und Nachbarschaftshilfevereine, Tauschringe und Zeitbörsen
In den letzten Jahren sind zunehmend Vereine in Erscheinung getreten, deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenüber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (zum Beispiel kleinere Reparaturen, Hausputz, Kochen, Babysitting, Nachhilfeunterricht, häusliche Pflege). Die Vereine treten meistens unter folgenden Bezeichnungen auf: Nachbarschaftshilfe, Seniorengenossenschaft, Seniorenhilfe, Talentemarkt, Tauschbörse, Tauschkreis, Tauschring, Zeitbörse, Zeittausch, LETS („Local Exchange Trading System”).
Für die geleistete Arbeit erhält das Vereinsmitglied („aktives Mitglied”) regelmäßig ein Entgelt, das entweder in einer finanziellen Vergütung oder einer Gutschrift auf einem von dem Verein für das aktive Mitglied geführten Konto besteht. Die Vergütung bemisst sich in der Regel nicht nach dem materiellen Wert der erbrachten Dienstleistung, sondern nach der hierfür aufgewendeten Zeit und kann entweder als finanzielle Gutschrift oder als Zeitgutschrift geleistet werden (zum Beispiel zwei Punkte pro Arbeitsstunde). Die Gutschriften können von dem Mitglied eingelöst werden, wenn es selbst die Hilfsdienste des Vereins in Anspruch nimmt.
Solche Vereine können nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich nicht als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt werden, weil regelmäßig durch die gegenseitige Unterstützung – unabhängig von Alter oder Krankheit – in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefördert werden und damit gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit verstoßen wird. Sofern der Verein lediglich die Zeitkonten seiner Mitglieder verwaltet und Dienstleistungen vermittelt, erfüllt er zudem nicht die Voraussetzung der Unmittelbarkeit.
Tipp: Beschränkt sich dagegen der Zweck der Vereine (nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung) auf die Förderung der Jugend- und Altenhilfe sowie die Förderung mildtätiger Zwecke, kann eine Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft erfolgen. In diesen Fällen kann die Selbstlosigkeit unbeschadet des Entgelts für die aktiven Mitglieder erhalten bleiben, da nicht vorausgesetzt wird, dass der Verein und seine Mitglieder für erbrachte Dienstleistungen im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke auf angemessene materielle Vorteile verzichten. Es reicht aus, wenn die eigene Opferwilligkeit nicht zugunsten eigennütziger Interessen in den Hintergrund gedrängt wird.
Um die Voraussetzung der Unmittelbarkeit zu erfüllen, müssen die aktiven Mitglieder ihre Dienstleistungen als Hilfspersonen des Vereins ausüben. Indizien hierfür sind beispielsweise:
- besondere Regeln, an die die Mitglieder im Zusammenhang mit der Ausübung des Dienstes gebunden sind (Schweigepflicht, Verbot der Vorteilsannahme u. ä.),
- Legitimation der Aktiven als Vereinsmitglieder während der Ausübung ihrer Hilfsdienste,
- Haftpflicht- und Unfallversicherung der Mitglieder für die Dauer des Dienstes,
- Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für die aktiven Mitglieder.
Bei Schwarzarbeit droht auch dem Auftraggeber Ärger
Leistungen, die von Angehörigen oder Lebenspartnern oder aus Gefälligkeit, Nachbarschaftshilfe oder als Selbsthilfe im Sinne des Wohnungsbaugesetzes erbracht werden und nicht nachhaltig auf Gewinn ausgerichtet sind, sind keine Schwarzarbeit. Als nicht nachhaltig auf Gewinn ausgerichtet ist insbesondere eine Tätigkeit, die gegen geringes Entgelt erbracht wird.
Schwarzarbeit leistet hingegen derjenige, der Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringt und dabei seinen gesetzlichen Melde-, Aufzeichnungs- und Zahlungspflichten nach Steuerrecht und Sozialgesetzbuch nicht nachkommt. Er begeht damit eine Ordnungswidrigkeit.
Tipp: Die Rechtsfolgen der Schwarzarbeit können auch den Auftraggeber betreffen. Das gilt insbesondere, wenn er Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang von Schwarzarbeitern ausführen lässt und weiß, dass der Schwarzarbeiter seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt. Auch der Auftraggeber begeht dann eine Ordnungswidrigkeit und gegebenenfalls sogar eine Straftat.